Lebensqualität von Menschen verbessern
Wenn die Blase nicht mehr auf natürlichem Weg entleert werden kann, bietet sich ein Urostoma als Lösung. Durch diesen künstlichen Ausgang kann der Urin über eine Öffnung in der Bauchdecke abgeleitet werden, was den Betroffenen eine alternative Möglichkeit zur Harnableitung gibt. Doch hin und wieder kommt es vor, dass diese Beutel unbemerkt voll – oder sogar überlaufen und betroffene Personen dadurch in unangenehme Situationen geraten. Mit diesem Problem trat eine betroffene Person an Antoni Picard heran – Professor im Fachbereich Informatik und Mikrosystemtechnik, mit dem Schwerpunkt Aufbau- und Verbindungstechnik.
Das Team rund um Antoni Picard, zu dem auch Michael Göddel gehört (Mitwirkender im Innovationsbereich Gesundheit der ODPfalz), hatte im Vorfeld bereits an einem Sensorkonzept zur Bestimmung von Feuchte in Textilien geforscht. Aus diesem Konzept entwickelte sich die Idee, das Messprinzip auch für die Bestimmung des Füllstandes von Kunststoffbeuteln zu übertragen. Heißt, Sensoren zu entwickeln, die ein Signal senden, um über den Flüssigkeitsstand in den Beuteln informieren. Und so machten sie sich an die Arbeit. Sie suchten nach einer Lösung, die es ermöglicht, solchen unangenehmen Situationen zukünftig vorzubeugen.
Zunächst wurde dafür mit Dünnschichtsensoren, die Michael Göddel im Reinraum herstellte, eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Diese Dünnschichtsensoren wurden auf die Außenseite eines Stoma-Beutels aufgeklebt – und tatsächlich: Wenn der Flüssigkeitsspiegel die Position des Sensors erreichte, wurde ein klares Signal ausgelöst. Das Team meldete daraufhin ein Patent an und erarbeitete ein Konzept für ein System – bestehend aus dem Sensorelement, einer wiederverwendbare, batteriebetriebene Auswerteelektronik mit Funkmodel (Bluetooth) für die Datenübertragung und einer App, die den Nutzer und/oder das Pflegepersonal entsprechend über den Füllstand informiert bzw. rechtzeitig vor dem Überlaufen warnt.
Ein weiterer Entwicklungsschritt war die Fertigung des Sensorelements kostengünstiger zu gestalten. Statt eines aufwändigen Reinraumprozesses, sollten moderne Druckverfahren mit elektronischer Tinte verwendet werden. Diese Aufgabe übernahm zunächst die Universität Hasselt in Belgien, bevor das Team um Prof. Picard sich das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) mit ins Boot holte. Durch das Drucken können Sensorelemente so günstig hergestellt werden, dass es im System als „Einmalprodukt“ fest aufgeklebt und mit dem Beutel entsorgt werden kann. In Zukunft könnte der Sensorstreifen für bestimmte Anwendungen auch wiederverwendbar gestaltet werden.
Denkbare Einsatzgebiete für diese innovative Entwicklung wären Stoma- oder Infusionsbeutel (z.B. im Krankenhaus). So könnte das Pflegepersonal entlastet werden, da es nicht ständig prüfen muss, ob der Stomabeutel voll bzw. Infusionsbeutel leer sind. Die Sensoren am Beutel würden ab sofort diese Aufgabe übernehmen und über einen Handlungsbedarf informieren.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Studierenden treibt das Projekt voran
Durch das komplette Projekt hindurch wirkten Studierende aus den Fachbereichen Informatik und Mikrosystemtechnik sowie Betriebswirtschaft der Hochschule Kaiserslautern in verschiedenen Aufgabenbereichen mit. Das studentische Team „SmartBagEco“ setzt sich zusammen aus Elisabeth Höbel (Erarbeiten und umsetzten des Sensorkonzepts im Druckverfahren, Aufbau und Verbindungstechnik – Konzept wie der Sensor am Beutel befestigt wird), Leon Chen (Finanzierung und Marketing), Simon Martin (Hard- und Software Design der Auswertelektronik) sowie Pascal Kattler (APP-Entwicklung). Das interdisziplinäre Team aus Zweibrücken hat seine Arbeit beim COSIMA-Wettbewerb des VDE eingereicht und wurde eingeladen, ihren Demonstrator am 15. November bei der Electronica-Messe im München zu präsentieren.
Mehr zu den Studierenden der HS beim COSIMA-Wettbewerb erfahren Sie hier.